In einer Arbeitswelt, die zunehmend von Flexibilität und projektbasierten Kooperationen geprägt ist, verschwimmen die Grenzen zwischen Angestellten und freien Mitarbeitenden immer stärker. Unternehmen, insbesondere Start-ups und innovative KMU, greifen vermehrt auf Freelancer zurück, um kurzfristig Expertise einzubringen, ohne langfristige Arbeitsverhältnisse einzugehen. Gleichzeitig gewinnen Mitarbeiterbeteiligungsprogramme (ESOPs und VSOPs) immer mehr an Bedeutung, weil sie Motivation, Bindung und Unternehmenskultur fördern. Die Frage liegt also nahe: Können auch Freelancer am Erfolg des Unternehmens beteiligt werden, und wenn ja, wie?
Rechtlich gesehen handelt es sich bei Freelancern nicht um Arbeitnehmer, sondern um selbständige Dienstleister oder Werkunternehmer. Sie erbringen Leistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, ohne persönliche Weisungsgebundenheit oder feste Arbeitszeiten. Damit fehlt das für ein klassisches Arbeitsverhältnis typische Dauerschuldverhältnis ebenso wie die Integration des Freelancers in die betrieblichen Strukturen des Unternehmens.
Diese rechtliche Eigenständigkeit hat direkte Auswirkungen auf Beteiligungsprogramme. Während Angestellte über Jahre hinweg durch ein sog. zeitbasiertes Vesting Anteile „erarbeiten“, ist das bei Freelancern weder praktisch noch rechtlich sinnvoll. Da sie nicht dauerhaft beschäftigt sind, macht ein Vesting über vier Jahre mit einem einjährigen Cliff, das Standardmodell bei Mitarbeiterbeteiligungen, meist keinen Sinn.
Um den Unterschied zu verstehen, lohnt sich ein kurzer Blick auf das klassische Vesting-Modell. Typischerweise werden virtuelle oder reale Anteile über vier Jahre „gevestet“, also nach und nach unverfallbar. Nach einem Jahr Cliff entsteht der erste Teilanspruch, danach folgen monatliche oder quartalsweise Zuteilungen. Diese Struktur soll sicherstellen, dass Mitarbeitende langfristig bleiben und zum Erfolg beitragen.
Bei Freelancern fehlt diese zeitliche Kontinuität. Deshalb wird bei Beteiligungen für freie Mitarbeitende meist ein sog. Performance Vesting eingesetzt. Hier hängt die Unverfallbarkeit der Anteile nicht von der Dauer der Zusammenarbeit, sondern von konkreten Leistungszielen ab.
Sobald diese Ziele nachweislich erreicht sind, gelten die virtuellen Anteile als unverfallbar. Bis dahin kann das Unternehmen sie “zurückrufen”.
„Die dem Freelancer zugeteilten virtuellen Geschäftsanteile gelten als unverfallbar, sobald die in Anhang 1 definierten Leistungsziele vollständig erreicht wurden..“
Dieses Modell gewährleistet Flexibilität, Leistungsorientierung und Rechtssicherheit, ohne das Risiko einer Scheinselbstständigkeit, da keine persönliche Abhängigkeit entsteht.
Auch steuerlich unterscheidet sich die Beteiligung von Freelancern deutlich von jener von Angestellten. Da Freelancer Unternehmer im Sinne des § 2 UStG sind, unterliegt ihre Gegenleistung grundsätzlich der Umsatzsteuer.
Rechtlich handelt es sich bei der virtuellen Beteiligung nicht um Arbeitslohn, sondern um eine Gegenleistung („an Erfüllungs statt“) nach § 364 Abs. 1 BGB, also eine Vergütung in Form virtueller Anteile anstelle von Geld. Der Freelancer erbringt eine Leistung, zum Beispiel eine Softwareentwicklung oder eine Marketingkampagne, und anstelle einer Geldzahlung erhält er virtuelle Geschäftsanteile mit einem Referenzwert.
Praktisch ist die Bewertung dieser Anteile oft schwierig, da der Wert zum Zeitpunkt der Gewährung unbestimmt ist. Daher wird häufig vereinbart, dass die Besteuerung erst im Zeitpunkt der Auszahlung, etwa bei einem Exit, erfolgt.
Eine gängige Vertragsformulierung lautet:
„Mit Zuteilung der virtuellen Anteile wird eine umsatzsteuerpflichtige Zahlung nicht ausgelöst; die Umsatzsteuerpflicht entsteht erst im Zeitpunkt der Auszahlung.“
Ertragsteuerlich bedeutet das: Der steuerliche Zufluss für den Freelancer erfolgt erst mit Auszahlung des Beteiligungserlöses (§ 11 EStG).
In der Praxis arbeiten viele Start-ups mit internationalen Freelancern zusammen, oder umgekehrt deutsche Freelancer für Unternehmen im Ausland. Das wirft komplexe steuerliche und rechtliche Fragen auf.
Grundsätzlich sollte vertraglich klar geregelt werden, welchem Recht die Vereinbarung unterliegt und wie die steuerliche Behandlung erfolgen soll, etwa durch eine Klausel wie:
„Für diese Vereinbarung gilt deutsches Recht. Die steuerliche Behandlung erfolgt nach den Grundsätzen des deutschen Steuerrechts, soweit anwendbar.“
Damit ein Freelancer-Beteiligungsprogramm rechtssicher und nachvollziehbar ist, sollten einige Punkte beachtet werden:
Virtuelle Beteiligungsprogramme sind längst nicht mehr nur ein Instrument für festangestellte Mitarbeitende. Auch Freelancer können durch Performance-Vesting-Modelle fair und leistungsorientiert am Unternehmenserfolg teilhaben, ohne klassische Arbeitsbindung und ohne rechtliche Risiken.
Für Unternehmen bietet sich damit die Chance, wertvolle externe Fachkräfte stärker einzubinden und langfristig an den Erfolg zu koppeln. Voraussetzung ist eine saubere rechtliche und steuerliche Struktur: klare Zieldefinition, umsatzsteuerkonforme Formulierungen und eindeutige Vertragsklauseln.
So entsteht ein modernes Vergütungsmodell, das die Flexibilität der Freelance-Welt mit den Vorteilen einer Beteiligungskultur verbindet und beiden Seiten ermöglicht, gemeinsam am Erfolg zu profitieren.






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