Beispiele
Case Study
Steuern

Mitarbeiterbeteiligung: Hurdle Shares und negative Liquidationspräferenzen als moderne Instrumente

Dr. Christopher Hahn
28.05.2025

Mitarbeiterbeteiligung hat sich in den letzten Jahren zu einem entscheidenden Instrument entwickelt, um Unternehmen wettbewerbsfähiger zu machen, insbesondere in Zeiten von Fachkräftemangel und zunehmendem Wettbewerb. Neben finanziellen Anreizen ist es vor allem die Möglichkeit, Mitarbeiter direkt am Unternehmenserfolg zu beteiligen, die sowohl bei Start-ups als auch bei etablierten Unternehmen zunehmend in den Fokus rückt. Besonders interessant sind dabei sogenannte Hurdle Shares (oder Growth Shares) mit negativen Liquidationspräferenzen. Dieser Beitrag beleuchtet, wie dieses Modell rechtlich und steuerlich ausgestaltet werden kann und welche Vorteile es bietet.

1. Warum Mitarbeiterbeteiligung?

Mitarbeiterbeteiligungsprogramme sind ein wirksames Mittel, um qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen, zu motivieren und langfristig an das Unternehmen zu binden. Gerade Start-ups und wachstumsorientierte Unternehmen haben oft nicht die finanziellen Mittel, um Spitzenkräfte allein über das Gehalt zu gewinnen. Mitarbeiterbeteiligungen bieten hier eine attraktive Möglichkeit, Talente durch eine Beteiligung am zukünftigen Unternehmenserfolg zu incentivieren.

2. Modelle der Mitarbeiterbeteiligung

Die verschiedenen Modelle der Mitarbeiterbeteiligung lassen sich in zwei Hauptkategorien einteilen:

Virtuelle Beteiligungen (VSOP): Bei virtuellen Beteiligungen erhalten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keine realen Anteile am Unternehmen, sondern eine wirtschaftliche Beteiligung, die an den Unternehmenswert gekoppelt ist.

Echte Beteiligungen: Hier werden die Mitarbeiter zu Gesellschaftern und erhalten damit Rechte und Pflichten wie Stimmrechte oder eine Beteiligung am Liquidationserlös. Der Erwerb kann unmittelbar erfolgen oder über sogenannte Optionsrechte, die den Mitarbeitenden das Recht einräumen, zu einem späteren Zeitpunkt Anteile zu einem festgelegten Preis zu erwerben.

Jedes Modell hat Vor- und Nachteile, die von der rechtlichen und steuerlichen Situation des Unternehmens abhängen.

3. Steuerliche Herausforderungen und das „Dry-Income“-Problem

Ein zentraler Nachteil der echten Beteiligung ist die Besteuerung des geldwerten Vorteils, der bereits im Zeitpunkt der Übertragung entsteht, auch wenn dem Mitarbeiter zu diesem Zeitpunkt noch keine liquiden Mittel zufließen. Dieser Vorteil wird nach § 19 EStG als Arbeitslohn behandelt und unterliegt der Einkommensteuer.

§ 19a EStG als Teillösung

Mit der Einführung des § 19a EStG wurde eine Möglichkeit geschaffen, die Besteuerung des geldwerten Vorteils auf den Zeitpunkt der Veräußerung der Anteile aufzuschieben. Diese Regelung gilt jedoch nur unter engen Voraussetzungen und führt weiterhin zur Anwendung des progressiven Einkommensteuersatzes von bis zu 45 %. Das das Grundproblem der Besteuerung von stillen Reserven bleibt weiterhin bestehen.

4. Hurdle Shares und negative Liquidationspräferenzen

Hurdle Shares sind eine innovative Form der Mitarbeiterbeteiligung, die sich zunehmend auch in Deutschland etabliert. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass die Mitarbeiter nur an zukünftigen Wertsteigerungen des Unternehmens beteiligt werden, indem der steuerliche Verkehrswert der übertragenen Beteiligung auf quasi Null (genau: deren Nominalwert) gesetzt wird. Der aktuelle Unternehmenswert bleibt den Altgesellschaftern vorbehalten.

So funktionieren negative Liquidationspräferenzen

Negative Liquidationspräferenzen regeln, dass ein Mitarbeiter erst dann am Gewinn oder Verkaufserlös beteiligt wird, wenn ein bestimmter Schwellenwert („Hurdle“) überschritten wird. Dies schafft klare Verhältnisse und verhindert, dass Mitarbeiter von einem bereits geschaffenen Unternehmenswert profitieren, an dessen Aufbau sie nicht beteiligt waren.

Beispiel

Ein Unternehmen hat einen aktuellen Unternehmenswert von 1 Mio. Euro. Ein Mitarbeiter erhält 5 % der Anteile, jedoch mit einer negativen Liquidationspräferenz in Höhe von 100.000 Euro. Bei einem späteren Exit in Höhe von 5 Mio. Euro ergibt sich folgende Berechnung:

Der rechnerische Anteil des Mitarbeiters ohne Berücksichtigung der Hurdle beträgt: 5 % × 5.000.000 Euro = 250.000 Euro. Von diesem Betrag wird die negative Liquidationspräferenz in Höhe von 100.000 Euro abgezogen: 250.000 Euro - 100.000 Euro = 150.000 Euro. Der restliche Veräußerungserlös wird entsprechend den Anteilen der Altgesellschafter (95 %) verteilt: 95 % × 5.000.000 Euro = 4.750.000 Euro.

Ergebnis: Der Mitarbeiter erhält 150.000 Euro, da sein rechnerischer Anteil von 250.000 Euro um die negative Liquidationspräferenz von 100.000 Euro gekürzt wird. Die Altgesellschafter erhalten 4.750.000 Euro.

5. Gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung von Hurdle Shares

Die Implementierung von Hurdle Shares und negativen Liquidationspräferenzen erfordert sorgfältige gesellschaftsrechtliche Anpassungen. Die wichtigsten Aspekte sind

a) Anpassung der Satzung

Die Einführung von negativen Liquidationspräferenzen sollte idealerweise im Gesellschaftsvertrag geregelt werden. Dies schafft nicht nur Rechtssicherheit, sondern stellt auch sicher, dass die Regelung für alle zukünftigen Gesellschafter verbindlich ist. Es müssen klare Regelungen zur Berechnung und Verteilung der Vorzugsbeträge getroffen werden. Die Regelung in der Satzung kann ferner für die steuerliche Anerkennung wichtig sein.

b) Gesellschaftervereinbarung

Alternativ können die Hurdle Regelungen auch in einer Gesellschaftervereinbarung zwischen den Gesellschaftern getroffen werden. Diese sind flexibler, entfalten jedoch keine Bindungswirkung gegenüber Dritten und erfordern häufig zusätzliche Maßnahmen, um den gewünschten Schutz zu gewährleisten.

c) Beschränkungen der Rechte von Altgesellschaftern

Um die Kontrolle der Altgesellschafter zu erhalten, können die Stimmrechte der Mitarbeitergesellschafter beschränkt oder ausgeschlossen werden. Darüber hinaus werden  Rückübertragungspflichten eingeführt, die sicherstellen, dass Anteile bei vorzeitigem Ausscheiden des Mitarbeiters zurückgegeben werden müssen.

d) Bewertung des Unternehmens

Ein zentraler Punkt bei der Umsetzung negativer Liquidationspräferenzen ist die Unternehmensbewertung. Die Höhe der negativen Präferenz sollte den Wert des Unternehmens zum Zeitpunkt der Übertragung widerspiegeln. Insbesondere bei Start-ups kann dies jedoch aufgrund fehlender historischer Daten eine Herausforderung darstellen.

6. Vorteile und herausforderungen

Vorteile von Hurdle Shares

Hurdle Shares bieten eine Reihe von Vorteilen, darunter

·       Sie schaffen klare Verhältnisse zwischen Mitarbeitern und Altgesellschaftern.

·       Sie vermeiden das „Dry Income“-Problem, da keine sofortige Steuerbelastung entsteht.

·       Sie bieten flexible Gestaltungsmöglichkeiten, um die Interessen aller Beteiligten auszubalancieren.

Herausforderungen

Hurdle Shares sind trotz ihrer Vorteile nicht für jedes Unternehmen geeignet. Die rechtliche und steuerliche Gestaltung ist komplex und bedarf einer sorgfältigen Planung. Insbesondere die Bewertung des Unternehmens und die Ausgestaltung der Begünstigungen stellen Herausforderungen dar.

7 Fazit und Handlungsempfehlungen

Hurdle Shares mit negativen Liquidationspräferenzen sind ein modernes und effektives Instrument, um Mitarbeiter langfristig an ein Unternehmen zu binden und steuerliche Vorteile zu nutzen. Ihre Einführung erfordert jedoch eine detaillierte rechtliche und steuerliche Analyse, um sicherzustellen, dass sie den individuellen Bedürfnissen des Unternehmens entsprechen. Mit der richtigen Beratung können Hurdle Shares nicht nur das Personalmanagement stärken, sondern auch den langfristigen Erfolg des Unternehmens sichern.

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