Mitarbeiterbeteiligungen sind in der Startup-Welt ein bewährtes Mittel, um talentierte Fachkräfte zu gewinnen und langfristig ans Unternehmen zu binden. Statt allein ein (idealerweise…) hohes Gehalt zu bieten, können Start-ups durch Beteiligungsmodelle ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Teilhabe am Unternehmenserfolg ermöglichen. Dadurch steigt die Motivation und Identifikation, da alle am Wertzuwachs des Unternehmens partizipieren.
In diesem Artikel werden die wichtigsten Mitarbeiterbeteiligungsmodelle im Vergleich betrachtet: ESOP, VSOP, und Genussrechte. Wir erklären die Begriffe und beleuchten Vorteile und Nachteile jeder Form in übersichtlicher Weise. Abschließend betrachten wir typische Anwendungsfälle und geben Hinweise, wie man das passende Beteiligungsmodell für ein Startup wählt.
Bevor wir in den Vergleich einsteigen, definieren wir die einzelnen Modelle und deren Funktionsweise. Grundsätzlich unterscheidet man echte (direkte) vs. virtuelle Beteiligung. Bei einer echten Beteiligung (z.B. via ESOP) erwerben Mitarbeiter tatsächliche Geschäftsanteile oder, bei einer Aktiengesellschaft (AG), Aktien. Bei einer virtuellen Beteiligung (z.B. VSOP oder Phantom Shares) erhalten Mitarbeiter keine echten Anteile, sondern lediglich einen vertraglichen Anspruch auf wirtschaftliche Vorteile, etwa eine Zahlung, sobald bestimmte Bedingungen eintreten. Im Kern simulieren virtuelle Modelle also die Teilhabe am Unternehmen, ohne dass der Mitarbeiter rechtlich Gesellschafter wird. Im Folgenden die drei Modelle im Überblick:
ESOP steht für Employee Stock Option Plan. Hierbei handelt es sich um Aktienoptionen oder Anteilsoptionen, die Mitarbeitern das Recht einräumen, nach Erfüllung bestimmter Bedingungen (z.B. einer Vesting-Dauer oder Zielerreichung) eine definierte Anzahl echter Unternehmensanteile (Aktien oder GmbH-Geschäftsanteile) zu erwerben. Die Mitarbeiter erhalten also echte Beteiligungen am Unternehmen – allerdings erst in der Zukunft, sobald sie ihre Optionen ausüben. ESOPs sind insbesondere in Unternehmen in Aktienform (z.B. AG) verbreitet, weil hier die Ausgabe und Übertragung von Aktien relativ unkompliziert ist. Bei GmbHs ist die Umsetzung aufwändiger, da die Übertragung von Geschäftsanteilen notariell beurkundet und im Handelsregister eingetragen werden muss. Nichtsdestotrotz ist das Ziel eines ESOP, Mitarbeiter tatsächlich zu Anteilseignern zu machen und so ihre Interessen eng an das Unternehmen zu binden.
Zusammengefasst: Ein ESOP ist ein Programm, bei dem Mitarbeiter Optionen auf echte Unternehmensanteile erhalten. Sie profitieren direkt vom zukünftigen Unternehmenswert, werden aber auch zu Miteigentümern, mit allen Rechten und Pflichten, sobald die Optionen ausgeübt werden.
VSOP bedeutet Virtual Stock Option Plan. Dieses Modell simuliert einen ESOP, ohne dass tatsächlich Anteile übertragen werden. Mitarbeiter bekommen virtuelle Anteile, die wirtschaftlich einem echten Anteil ähneln. Wie funktioniert das? Das Unternehmen verpflichtet sich vertraglich, dem Mitarbeiter einen Geldbetrag auszuzahlen, wenn bestimmte Ereignisse eintreten – typischerweise beim Exit (Verkauf des Start-ups oder IPO) oder bei Gewinnausschüttungen. Die Höhe der Auszahlung entspricht dem Wert, den ein echter Anteil zu diesem Zeitpunkt hätte.
Der Mitarbeiter wird beim VSOP also nicht Gesellschafter, hat keine Stimmrechte und keine Einflussnahme, partizipiert aber finanziell am Erfolg. VSOP-Vereinbarungen sind rein schuldrechtliche Verträge zwischen dem Unternehmen und dem Mitarbeiter. Oft werden Bedingungen wie Vesting-Regeln analog zum ESOP vereinbart (z.B. muss der Mitarbeiter eine gewisse Zeit im Unternehmen bleiben, damit die virtuellen Anteile “reifen”). Wird das Unternehmen verkauft, erhält der Mitarbeiter für seine gevesteten virtuellen Anteile eine entsprechende Auszahlung.
Kurz erklärt: VSOP ist eine virtuelle Beteiligung. Mitarbeiter erhalten einen vertraglichen Anspruch auf Auszahlung und profitieren so vom Unternehmenswert, ohne echte Anteile halten zu müssen.
Hier finden Sie ein Video, indem wir Ihnen die Unterschiede noch einmal erklären
Genussrechte (bzw. Genussscheine) sind ein etwas anders gelagertes Beteiligungsinstrument. Ein Genussrecht räumt dem Inhaber bestimmte Vermögensrechte ein – zum Beispiel das Recht auf Gewinnbeteiligung und/oder einen Anteil am Erlös bei Liquidation oder Verkauf des Unternehmens – ohne ihn zum Gesellschafter zu machen. Mitarbeiter mit Genussrechten haben also keine Stimmrechte und keine gesellschaftsrechtliche Stellung im Unternehmen, können aber am wirtschaftlichen Erfolg teilhaben. In gewisser Weise ähneln Genussrechte damit virtuellen Anteilen, da sie die Mitarbeiter am Gewinn beteiligen, ohne echte Anteile zu übertragen. Allerdings sind Genussrechte rechtlich als Vermögensrechte ausgestaltet und oft flexibel handhabbar.
Unternehmen können Genussrechte unterschiedlich gestalten – z.B. ausschließlich gewinnabhängig (jährliche Gewinnbeteiligung) oder wertsteigerungsabhängig (Beteiligung am Unternehmenswert bei Exit). Genussrechte können sogar in verbriefter Form oder digital (etwa via Token) ausgegeben werden. Wichtig ist, dass die Bedingungen (Laufzeit, Auszahlungsregeln, evt. Vesting) klar im Vertrag geregelt sind.
Zusammengefasst: Genussrechte sind vertraglich vereinbarte Beteiligungsrechte am Gewinn und Wert des Unternehmens.e. Mitarbeiter erhalten z.B. einen prozentualen Gewinnanteil und/oder einen Anteil am Verkaufserlös, haben aber keine Mitspracherechte.Es handelt sich um eine kapitalmäßige Beteiligung, ähnlich wie bei Dividenden oder Zinsen. Daher gelten sie steuerlich als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG. Dieses Modell gilt als flexibel und kann unter bestimmten Voraussetzungen steuerliche Vorteile bieten. Damit Genussrechte ihre “Finanzierungsfunktion” erfüllen können, ist zur sauberen steuerlichen Gestaltung allerdings meist notwendig, dass die Mitarbeiter einen bestimmten (zumindest geringen) Geldbetrag für den Erwerb der Genussrechte aufbringen.
Jedes Beteiligungsmodell bringt spezifische Vor- und Nachteile mit sich. Die folgende Tabelle zeigt einen Vergleich der Modelle (ESOP, VSOP, Phantom Shares, Genussrechte) hinsichtlich wichtiger Kriterien:
- Mitarbeiter wird echter Anteilseigner – starke Bindung und Identifikation mit dem Unternehmen. Mitarbeitende profitieren von echten Gesellschafterrechten wie Stimmrecht, Dividendenanspruch, Informationsrechten und einer direkten Teilhabe am Unternehmenswert – inklusive Mitverkaufsrechten beim Exit.Direkte Teilhabe am Unternehmenswert – bei Wertsteigerung erzielt der Mitarbeiter Kapitalgewinn (ggf. Begünstigung als Kapitaleinkünfte)
- International etabliert – insbesondere in Aktiengesellschaften gängige Praxis
Nachteile
- Hoher administrativer Aufwand – Übertragung von GmbH-Anteilen erfordert Notar etc.
- „Dry Income“-Risiko – Steuer fällt evtl. an, bevor Liquidität zufließt (ohne spezielle Regelung) Mitbestimmung der Mitarbeiter – neue Kleingesellschafter können Gesellschafterrechte geltend machen (u.U. unerwünscht)
- Einfache Einrichtung – rein vertraglich, keine Notargebühren, keine Änderung der Gesellschafterliste
- Kein Dry Income – Besteuerung erst beim Exit/payout (d.h. kein Steuervorschuss ohne Gewinn)
- Flexibel – Ausgestaltung der Bedingungen (Vesting, Exit-Ereignisse) frei verhandelbar
- Besteuerung als Einkommen – Auszahlung beim Exit wird als Lohn versteuert (Steuersatz oft höher als 25 % Kapitalsteuer)
- Keine echten Anteile – virtuelle Beteiligung vs. echte: Mitarbeiter hat keine Stimmrechte oder Dividenden vor Exit
- Ungewissheit – Nur bei Erfolg/Exit wertvoll; bleibt ein Exit aus, können die Ansprüche verfallen
- Steuervorteil – Lohnsteuer meist aufschiebbar bis zur Gewinnrealisierung; Erträge mit 25 % Kapitalertragsteuer statt Einkommenssteuer belastet
- Kein Notar nötig – Ausgabe vertraglich möglich, keine notarielle Beurkundung erforderlich
- Hohe Flexibilität – Ausgestaltung (Gewinn-/Exit-Beteiligung, Vesting, Laufzeit) frei definierbar, an Firmenbedürfnisse anpassbar
- Keine Stimmrechte – Mitarbeiter haben kein Mitspracherecht (kann Nachteil oder Vorteil sein, je nach Perspektive)
- Komplexe Gestaltung – erfordert sorgfältige vertragliche Ausarbeitung und Einhaltung von §19a EStG, damit Steuervorteile greifen
- Begrenzte Bekanntheit – weniger verbreitetes Modell, Mitarbeiter müssen ggf. aufgeklärt werden (Erklärungsaufwand)
ggf. (geringe) Zahlung der Mitarbeiter notwendig
Hinweis: Ob ein Punkt als Vor- oder Nachteil gesehen wird, hängt mitunter von der Perspektive ab. Beispielsweise bedeutet kein Stimmrecht für Mitarbeiter zwar Kontrollsicherheit für Gründer (Vorteil), für die Mitarbeiter jedoch weniger Einfluss (Nachteil). Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Klein- bzw. Kleinstbeteiligungen in aller Regel faktisch ohnehin keinen Einfluss begründen. Wichtig ist, die Modelle passend zur eigenen Unternehmenssituation abzuwägen.
Außerdem gilt: Virtuelle Anteile (bzw. Phantom Shares)verleihen weder Stimm- noch Informationsrechte. Für das Unternehmen ist das positiv (Mitarbeiter bleiben extern), doch ambitionierte Mitarbeiter könnten die fehlende echte Beteiligung als Nachteil empfinden, da sie formal nicht Miteigentümer werden. Schließlich haben Phantom Stocks bzw. virtuellen Modelle den inhärenten Nachteil, dass ohne Exit oder Gewinnausschüttung keine Auszahlung erfolgt – verbleibt das Unternehmen langfristig ohne Exit, geht der Phantom-Share-Inhaber ggf. leer aus. Diese Punkte sollten Start-ups berücksichtigen, wenn sie Phantom Shares als Beteiligungsmodell einsetzen.
Für die Wahl des passenden Beteiligungsmodells müssen Start-ups ihre Ziele und Rahmenbedingungen berücksichtigen. Pauschal gibt es kein „one size fits all“ – jedes Modell hat seine Berechtigung. Hier einige typische Anwendungsfälle und Überlegungen zur Auswahl:
Zusammengefasst sollte ein Startup sich fragen: Was ist uns bzw. den Begünstigten wichtiger – Einfachheit und kurzfristige Liquiditätsschonung, oder langfristige echte Beteiligung mit möglichem Steuervorteil? Oft wird die virtuelle Beteiligung vs. echte Beteiligung abgewogen. Virtuelle Modelle (VSOP/Phantom) punkten mit Einfachheit und „Pay on Success“, echte Beteiligungen (ESOP) mit stärkerer Eigentumsbindung und ggf. besserer Netto-Auszahlung für Mitarbeiter im Erfolgsfall. Genussrechte stellen schließlich einen hybriden Ansatz dar, der steuerliche Vorteile und Flexibilität bietet, ohne die Firmenanteile zu streuen. Jedes Startup sollte auf Basis seiner Situation – Finanzierungsphase, Rechtsform, Personalstrategie und Beratung – das Modell wählen, das am besten passt. Sprechen Sie daher mit unseren Expert:innen (Steuerberater, Anwälte), um die Feinheiten der Umsetzung (Verträge, steuerliche Anmeldung) korrekt zu gestalten.
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